Joh 8,(21-26a) 26b-30 (und Predigt über Joh 8,12-20 sowie Predigt über Joh 8,12)

s. 8,3-11; 7,37-39 (zum gesamten Zyklus); 8,31-36

Der Predigtabschnitt sollte mit 8,21 begonnen werden

Der Abschnitt steht im Zusammenhang mit mehreren kurzen Gesprächsszenen mit wechselnden Teilnehmern ab 7,1ff. Weit vor unserem Text, aber im Zusammenhang mit ihm hatte Jesus 7,37-39 vor einer unübersehbaren Menge laut gerufen. Seine nächsten Worte in 8,12-20 scheinen sich an die in 7,45-52 angesprochene Pharisäergruppe zu richten. Diese Gruppe wird im Predigttext angesprochen. Joh 8,21 sollte die Textverlesung auch beginnen.

Jesus predigt Pharisäern

Die Gruppe der Pharisäer besteht z. T. aus verfolgungsbereiten, z. T. aufnahmebereiten und am Ende der Jesusworte glaubenden Menschen (8,30), für die Nikodemus (7,50) stellvertretend steht.

Verfolgungsbereitschaft

„Verfolgungsbereit“ – weil Jesus aus Nazareth das große Laubhüttenfest mit dessen letztem großen Tag (7,37) mit seiner nach Meinung der Gegner nicht durch das Alte Testament autorisierten Messiaseinladung (7,52; 8,13) in Anspruch genommen hat.

Aufnahmebereitschaft

„Aufnahmebereit“ - weil Jesu Rede vom Licht des Lebens und vom sendenden Vater, der Jesus gelehrt hat und der mit Jesus ist, Menschen angesprochen hat.

Der immer noch unvollendete Auszug aus Ägypten

zu V.21: Johannes sieht diejenigen Juden, die Jesus verfolgen, in Parallele zu denen, die zur Zeit des Auszuges aus Ägypten wegen ihres Unglaubens die von Gott verheißene „Ruhe“ (Hebräerbrief[GR1] ) nicht erreicht haben und in der Wüste gestorben sind.

Verfolgung Jesu ist zwecklos

Die Verfolgung Jesu bis in den Tod wird trotz Kreuzigung nicht erfolgreich sein, weil Jesus im Sterben „hinübergeht“ zum Vater (8,14.21) Umgekehrt ziehen sich die Verfolger den Tod zu, indem sie unter der Führung des Lichtes (vgl den Exodus) nicht ins Leben gehen.

Keine antijüdischen Aussagen bei Johannes!

Es geht nicht um Aussagen über die Juden überhaupt und grundsätzlich, sondern nur um diejenigen unter ihnen, die verfolgen und töten wollen (wie Kain, 8,44). Sie hätten die Möglichkeit, Jesus als den „Ich bin – EGO EIMI), den durch Gott und mit Gott und in Gott Seienden zu erkennen und zu leben, 8,24. Jesus bezeichnet sich als den, der ganz in seinen Reden aufgeht (8,25) und dessen Reden ganz vom Vater (8,28) herkommt.

Reden mit dem Ziel des Lebens

Und dieses Reden ist in erster Linie Lebensübermittlung und erst in zweiter Linie Gericht durch Ablehnung des Lebens.

Erkenntnis entsteht angesichts des gekreuzigten/verherrlichten Jesus

Der tote Jesus wird gleichzeitig der erhöhte Jesus sein, Erkenntnisgrund für alle, die in seiner Lebenshingabe sein Bleiben im Willen des Vaters und das Bleiben des Vaters in ihm erkennen lernen.

Jesus schließt den Gesprächsabschnitt mit dem Hinweis ab, dass er allezeit das tut, was Gott wohlgefällt. Reaktion: viele Juden glauben.

Ab V. 31 kommt dann die Gemeindesituation der johanneischen Gemeinde in den Blick. Die Gemeinde wird durch den Synagogenausschluss verfolgt.

 

PREDIGT ÜBER JOH 8,12-20
am 1. Weihnachtsfeiertag 1986 in der Thomaskirche Erlangen und im Roncallistift

 

Liebe Gemeinde,
die meisten von uns haben gestern Kerzen angezündet und heute haben wir es hier im Gottesdienst wieder getan. Was bedeutet das, wenn wir ein Licht anzünden?
Ich möchte heute mit Ihnen ein wenig darüber nachdenken.
Im Johannesevangelium sagt Jesus einmal zu jüdischen Zuhörern: "Johannes (der Täufer) war ein brennend und scheinend Licht; ihr aber wolltet eine kleine Weile fröhlich sein in seinem Lichte." (Joh 5)
Das ist von Jesus als harte Kritik gemeint nach allem, was diesen Worten in Johannes 5 vorausgeht und folgt.
Diese Kritik Jesu trifft uns genauso hart, wenn unser Entzünden von Kerzen zu Hause oder hier der Beginn einer 'kleinen Weile' von Fröhlichkeit ist, eine kurze, begrenzte Zeit, Fröhlichkeit wie ein Rausch, dem die Ernüchterung folgt. Ein solches Weihnachten erfährt Kritik von Jesus, weil es zu einer kleinen persönlichen Angelegenheit abgewertet worden ist, ausgenutzt, ausgebeutet, vermarktet, seinem ursprünglichen Sinn entfremdet.
Die meisten unter uns haben gestern Kerzen angezündet und heute haben wir es hier im Gottesdienst wieder getan. Was kann das bedeuten, wenn wir ein Licht anzünden?
Jesus hat darüber einmal gesprochen bei dem jüdischen Laubhüttenfest, das Juden in diesem Jahr vom 18.-26.10. gefeiert haben.
Früher stellte man im Tempelbereich in Jerusalem vier goldene Leuchter auf, füllte sie mit Öl und - angezündet - breiteten diese über die Tempelmauern herausragenden Leuchter ihr Licht über ganz Jerusalem aus. Die Frommen tanzten mit Fackeln und sangen zu der Musikbegleitung der Tempeldiener mit großer Freude. In diesem Umfeld hat Jesus vom Licht so gesprochen:

(Joh 8,12-20) "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben...".

Diese Worte könnten wir bei jedem Anzünden einer Kerze sprechen oder bei uns denken: Christus spricht: "Ich bin das Licht der Welt...".
Dieses vom Mitsprechen oder Mitdenken begleitete Anzünden wird nie langweilig oder routinemäßig werden, wenn man die Betonung der Worte jedes Mal verlegt, also einmal sagt: Ich bin das Licht der Welt. Ein anderes Mal: Ich bin das Licht der Welt. Wieder ein anderes Mal: Ich bin das Licht der Welt.
Wer so lebt und spricht beim Kerzenanzünden, für den wird Weihnachten nicht mit der Kritik Christi verbunden werden: "...Ihr aber wolltet nur eine kleine Zeit fröhlich sein in seinem Lichte".
Wer beim Anzünden der Kerze bewusst an Christus denkt oder von ihm spricht, wird sich dem immer mehr annähern, was Jesus damals beim Laubhüttenfest gemeint hat und bis heute meint.
Uns begegnet in den Worten Jesu eine der anspruchsvollsten Aussagen der Bibel überhaupt. Sie übersteigt unser Fassungsvermögen. Wir können immer nur etwas denken, was Anfang und Ende hat, so, wie wir eben durch unsere Geburt und unseren Tod begrenzt sind. Wir können eine Kerze anzünden und können sie ausblasen, aber eine Aussage wie "Ich bin das Licht der Welt" können wir nicht denken - so wie es auch die Hörer Jesu nicht denken konnten und deswegen sagten: 'Du zeugst von dir selbst. Dein Zeugnis ist nicht wahr.' 'Ich bin' - das passt in unsere Denkmöglichkeiten nicht hinein, denn es bedeutet doch: Ich bin vor dem Anfang, den Ihr denken könnt, bin vor dem Anfang der Welt und nach deren Ende. Jesus weiß das. Deswegen verbindet er seine unfassbaren Worte "Ich bin das Licht der Welt" mit den uns fassbaren:
"Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben."
Was Jesus sagt über das Licht, erschließt sich erst dem, der ihm nachfolgt. Wer eine kleine Weile fröhlich sein will, dem erschließt sich das Licht nicht, dem wird das Licht wieder von der Finsternis abgelöst, der Anfang abgelöst vom Ende. Das Licht, das ist, erschließt sich nur dem Nachfolger Jesu, also dem, der Jesus nicht aus den Augen lässt, ihn genau beobachtet, seine Worte aufnimmt und sie in sich leben lässt, der über den Weg zum Kreuz nachdenkt, der dann Ostern miterlebt. Gott erschließt dem Nachfolgenden das Licht, das ist und er erfüllt damit einen uralten menschlichen Rechtssatz: dass zum Erweis von Wahrheit ein Zeuge nicht genügt, sondern zwei Zeugen nötig sind.
Weil Gott sich zu Jesus stellt, weil Gott die unbegreifliche Aussage Jesu "Ich bin das Licht der Welt" für wahr erklärt und für gültig dem, der da nachfolgt, können wir getrost Nachfolger bleiben und müssen in der Welt nicht zu fanatischen Vorkämpfern für die Sache Jesu werden, damit die sich endlich durchsetzt. Dass Christus das Licht der Welt ist, gibt uns die notwendige Gelassenheit, und dass die Erkenntnis des Lichts an die Nachfolge gebunden ist, erfordert unser notwendiges Engagement.
Damit wir verstehen können, was Jesus mit seinen Worten praktisch gemeint hat, hören wir wenige Zeilen vor unserem Predigtwort und wenige Zeilen danach in Geschichten von zwei Menschen, denen Jesus als Licht begegnet ist:
Er rettet eine im Ehebruch ergriffene Frau vor der Steinigung und:
Er heilt einen, der seit seiner Geburt noch nie das Licht gesehen hat.
Der Ehebrecherin und dem blind geborenen ist das Leben hell geworden durch jenes Licht, das ohne Anfang und ohne Ende ist, durch das Licht des Lebens.
An diesen beiden Menschen wird die Möglichkeit sichtbar, die Jesus für uns und für die ganze Welt darstellt. Als Jesus sich mit dem einen Blinden beschäftigt und ihn heilt, spricht er von der ganzen Welt, für die er Licht ist, spricht er von uns hier. Und wenn Jesus sich mit uns beschäftigt und uns aus der Finsternis ins Licht kommen lässt, meint er die ganze Welt.

Was machen wir aus Weihnachten? Machen wir es zu einem Privatfest, wo wir eine kurze Zeit fröhlich sind im Licht der Kerzen oder proklamieren wir mit dem Kerzen anzünden Jesus als das Licht der Welt, als das Heil für Menschen in Finsternis und in aussichtslosen Zeiten, als Heil in Deutschland, in Brasilien und Großhennersdorf in der DDR ( - zwei Partnerschaften der Thomasgemeinde), indem wir Christus nachfolgen? Denn das ist der Wille Gottes, den er durch Christus ausspricht:
Der Auszug der ganzen Welt aus der Versklavung unter alle Nichtigkeiten dieser ägyptischen Welt und der Einzug hinter dem Licht der Welt, Jesus Christus, in das ewige Leben.
Wer Christ ist, vergisst nicht, dass er sich auf dem Exodus aus aller Versklavung befindet und dass jeder mit ihm auf dieser Erde lebende Mensch durch Christus, das Licht der Welt, dasselbe Anrecht auf das Ende seines Elends und seiner Versklavung hat.

Übermorgen werden sie wieder berichten, dass Strommasten umgesägt worden sind und wieviel Schaden dadurch entstanden ist. Übermorgen werden die einen wieder damit drohen, dass die Lichter ausgehen. Übermorgen wird man die Entwicklung des Ölpreises wieder genau beobachten und kommentieren. Übermorgen geht die Energiedebatte wieder weiter - die Debatte, wie groß 'die Weile' ist, die wir im Licht noch fröhlich sein können. Dagegen steht:
Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist das Licht der Welt.

Ein frommer Mann, der erblindet war, war einmal bei einem Wunderheiler zu Gast. "Vertraut euch mir an!" sagte der Gastgeber, "ich will euch das Licht zurückholen." "Dessen bedarf es nicht", antwortete der Fromme, der blind geworden war und setzte hinzu: "Was zu sehen mir nottut, sehe ich." (Nach einer Geschichte von Martin Buber)
Wenn wir unsere Kerzen zu Weihnachten oder sonst anzünden im Bewusstsein, dass Christus spricht: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben" - wenn wir unsere Kerzen in diesem Bewusstsein anzünden, kann es in jeder nur möglichen Weise in unserem Leben finster werden, denn:
Mit Christus, der uns vorangeht, können wir wie jener Fromme sprechen lernen:

   "Was zu sehen mir nottut, sehe ich." Amen

 

PREDIGT ÜBER JOH 8,12

(Letzte Predigt als Pfarrer der Thomaskirche in Erlangen am 12. S. n. Trinitatis 1988)

Liebe Gemeinde,
bei unserer Gemeindereise nach Israel waren wir im Wadi Quelt, dem alten Verbindungsweg zwischen Jericho und Jerusalem. Wir kamen vom Georgskloster, stiegen bei großer Hitze auf. Für das letzte Wegstück gab es zwei Möglichkeiten: Ein kleines, kurzes, sehr steiles Stück und einen etwas längeren Weg, weniger beschwerlich, aber nicht direkt - ein Umweg. Die meisten gingen ihn. Die älteste unserer Gruppe aber, die über 80-jährige Frau H., ging den kürzesten Weg.

Den geraden Lebensweg gehen, keine Umwege und Irrwege machen, den kürzesten Weg zwischen unserem Ausgangspunkt und unserem Ziel nehmen - das wünschen wir uns. Die dirrettissima - das ist das Lebensideal vieler Menschen. Dass doch ja nichts dazwischen kommt! Keine schwere Krankheit, kein Unfall! Keine Katastrophe, kein Schuljahr, das wiederholt werden muss! Kein Abbruch des Schulweges hin zum Abitur! Keine starken psychischen Belastungen! Keine Hungerszeit! Keine ökologische Katastrophe! Kein Krieg, kein Geldverfall, keine Ehescheidung! Kein Abbruch der Beziehungen zwischen Eltern und Kind! - Die dirrettissima ist das Ideal vieler: Der helle, gerade, klare Weg zum Ziel.

In der alttestamentlichen Lesung haben wir vorhin gehört: "Als nun der Pharao das Volk hatte ziehen lassen, führte sie Gott nicht durch das Land der Philister, der am nächsten war."

Also: Auf dem Weg aus der Sklaverei führte Gott die Menschen nicht die dirrettissima, sondern es heißt: "Er ließ das Volk einen Umweg machen und führte es durch die Wüste zum Schilfmeer."

Es wird auch noch gesagt, dass der direkte, gerade und kürzeste Weg dem Volk nicht bekommen wäre. Gott hat also Gründe für den Umweg durch die Wüste. Es wird dann für die Israeliten nicht nur ein Umweg werden, sondern ein Weg durch die Nacht - unverständlich, uneinsichtig, problematisch - so, wie viele Lebenswege eben sind.

Ich habe in den siebzehn Jahren in dieser Thomasgemeinde Menschen kennen gelernt, die in großer Finsternis leben mussten und es zum Teil bis heute müssen: Schwere Schicksale, schwere Krankheiten, schweres Leiden, große seelische Not. Für die meisten ist die Finsternis so schnell und unerwartet gekommen, dass sie sich nicht darauf einstellen konnten und dass ihnen auch dann das Geschehene völlig unverständlich geblieben ist. So unverständlich etwa wie für die Angehörigen  derer, die im Zusammenhang mit dem letzten schweren Raubüberfall ihr Leben lassen mussten.

Wir alle würden wohl lieber den geraden, kurzen, klaren Weg gehen ohne jegliche Komplikationen.

Für alles Wandeln aber in der Finsternis in allen Zeiten gilt die Erfahrung:
"Der Herr zog vor ihnen her, am Tage in einer Wolkensäule, und bei Nacht in einer Lichtsäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten."

Ich habe deswegen gesagt: 'Für alles Wandeln in der Finsternis aber in allen Zeiten gilt diese Erfahrung der Lichtsäule' - weil unser Herr Jesus Christus für mich glaubwürdig gesagt hat: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben,"

Ich möchte diese überaus anspruchsvollen Worte in unserer Zeit hören, weil sich viele und vielerlei als Licht uns anbieten:

   1. Es gibt zwar nicht mehr wie früher Menschen, die die Sonne als Licht der Welt anbeten, aber wir wissen aus den Ferienmonaten, welch große Rolle die Sonne in unserem Leben spielt. Geplant ist: Rundum braun werden, den harten Alltag vergessen, Probleme wegschieben. Wir brauchen Licht. Es hat einen hohen Stellenwert in unserem Jahresablauf. Aber für wie viele ist die Sonne des Urlaubs das einzige Licht geworden - Licht ihrer Welt?

   2. Wir haben es in unserem Volk erlebt und erleben es immer wieder in anderen Völkern mit: Wie sich Menschen als Licht anbieten und durch die Finsternis hindurch führen wollen. Ich nenne als Beispiele Arafat und Chomeini.

   3. Für viele Menschen gilt die Vernunft als Licht der Welt, das Wissen und das Verstehen: Licht in der Finsternis der Unmündigkeit von Menschen. Das drückt sich noch in kleinstem Maßstab auf den neuen Schildern auf unseren Autobahnen aus, auf denen steht: DENKEN - statt düsen!

   4. Für viele stand für viele Jahre ihres Lebens die Technik für das Licht der Welt. Technologietransfer, Entwicklungshilfe in Form von Technik. Gesundung des Einzelnen und der Welt mit Hilfe von Technik, der Computer als Signal für einen Weg in eine bessere Welt.

Wir könnten weiter machen beim Nennen von Menschen und Dingen, die als Licht in der Finsternis unserer Welt verstanden werden. Wir selber sind ja bei vielem  unmittelbar mit verwickelt und beteiligt. In all diesem und in unserer Lebensfinsternis begegnet uns Christus mit seiner Einladung:

"Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Ich empfinde Jesus für mich als solches Licht. Ich glaube ihm, dass Umwege meines Lebens, dass Wege in der Finsternis bei seiner Anwesenheit hell werden, sodass ich weitergehen kann. Ich merke, dass mein Weitergehen-Können unbedingt damit zu tun hat, ob ich bereit bin, ihm nachzufolgen, also: In der Finsternis zu hören, ob er etwas zu sagen hat, was für mich jetzt wichtig wird, was meinen Weg erhellt, ob er etwas zu sagen hat, was ich weitersagen soll, damit der Weg anderer erhellt wird. (Beispiel zitieren aus Bruder Benedikts Einführung des Büchleins 'Dein Kreuz - mein Heil')

Von den Jüngern Jesu weiss ich, dass Nachfolge schwer ist, dass sie ihm bei der Kreuzigung nicht nachgefolgt sind, sondern ihn verlassen haben. Ich weiss auch aus dem Evangelium, dass Er nicht einfach allein weiter geht, wenn ich ihm nicht mehr nachfolge, sondern dass er sich umdreht, mir entgegen geht, mir begegnet, damit ich neue Schritte tun kann. Ich weiss in meinem tiefsten Inneren, dass 'Jesus nachfolgen' bedeutet, meinen Lebensweg als einen sinnvoll werdenden verstehen zu lernen.

"Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben."
Ich verstehe das nicht nur so, dass wir einmal nach unserem Tod leben werden, trotz unseres Todes leben werden. Ich verstehe das so: Dass Leben jetzt für uns durchbricht, auch wenn wir um uns Finsternis und Krankheit und Tod miterleben. Der Weg aus der Sklaverei durch die Wüste war für die Israeliten solch ein Weg, auf dem Leben auf diese Weise durchgebrochen ist, dass dieser Weg mit Gott als Feuer- und Wolkensäule symbolhaft für alle Wege aus Unfreiheit und Sklaverei und Elend unserer Welt geworden ist.
"Wer" mir nachfolgt - das heisst: "Jeder", der nachfolgt. Das heisst: "Jeder" Mensch auf dieser Welt ohne Ansehen seiner Rasse, seiner Intelligenz, seines sozialen Standes. "Jeder" - das heisst: Ich und Du und auch der, der so ganz anders ist als ich und du. Jeder, der Christus als dem Licht nachfolgt, erfährt Leben auf seinem Weg.

Als Zeichen dafür haben wir hier in die Thomaskirche den Osterleuchter gestellt - auf ihm gibt es viele Möglichkeiten, Kerzen anzuzünden. In der Mitte des Leuchters aber ist ein Bergkristall als Symbol für Christus.

Wegen diesem Christus in der Mitte habe ich oft gebetet und bete auch jetzt:

"Der Herr ist mein Licht und mein Heil - vor wem sollte ich mich fürchten?"
Christus als Licht hat alle Kraft durch alle Finsternis hindurchzubrechen.

Amen.

 


 [GR1](Wer sich über diesen Text aus Ps 95 in johanneischer Sicht informieren möchte, findet auf der homepage den Artikel: „Späte Entdeckung. Ps 95 als Darstellungsprinzip für das Wirken des johanneischen Jesus.“